Wenn die Gondel einmal steht

Früher mussten wir darum kämpfen bei der jährlichen, verpflichtenden Bergeübung der Nordkettenbahn dabei zu sein aber seit ein paar Jahren sind wir fixer Bestandteil und diese gemeinsame Schulung ist nun schon eine lieb gewordene Tradition.

Vollständige Stillstände von Gondeln im vollen Fahrbetrieb sind eine Seltenheit. Alle Bahnen verfügen über Ausfallmechanismen und viele Schäden können in kurzer Zeit behoben werden. Dennoch sind stehen gebliebene, voll besetzte Gondeln nicht ausgeschlossen. Es gibt dann verschiedene Methoden die Fahrgäste aus den Gondeln zu bekommen. Bei der Nordkettenbahn Sektion 3 (Gondel von der Seegrube auf das Kar) ist dies zum Beispiel eine völlig eigenständig fahrende Bergebahn die zur Evakuierung von der Seegrube aus auffahren kann.

Für die Sektion 2 gibt es ein anderes Konzept. Aufgrund der langen Strecke und der vielen Stützen ist hier eine Bergebahn nur schwer umsetzbar. In den beiden Gondeln zwischen Hungerburg und Seegrube werden die Fahrgäste aus der Bahn auf den Boden abgeseilt.
Diese Bergungen sind Aufgabe der Bahn. Somit ist die jährliche Übung auch vornehmlich für die Wagenführer die bei einem Stillstand die Fahrgäste mit Petzl Dreiecken (Sitzgurtersatz) versorgen und sie abseilen müssen. Wenn man sich eine volle Gondel mit der üblichen breiten Mischung an Fahrgästen vorstellt wird der Wagenführer neben seinem technischen Wissen primär einiges an Durchsetzungskraft brauchen.

Die Bergrettung assistiert bei diesen Bergungen. Einerseits müssen die Fahrgäste am Boden ja in Empfang genommen werden, andererseits müssen sie von dort auch weg kommen. Und was ist wenn in der Gondel oder beim Abseilen etwas passiert?

Am Mittwoch trafen wir uns daher mit der Nordkettenbahn und der Feuerwehr Hungerburg und übten die Evakuierung bei dauerhaft stillstehender Bahn. Das Abseilen der Fahrgäste wurde durch das Einspielen eines medizinischen Notfalls unterbrochen. Ein Junger Mann war nach dem Stillstand der Bahn plötzlich kollabiert und nun bewusstlos.
Mit dem Seil der Bahn zogen wir unsere Dyneema Seile auf. Über eine Umlenkrolle wurden ein Sanitäter und ein Notarzt der Bergrettung Innsbruck zum Patienten aufgezogen. Nach kurzer Versorgung konnte er abgeseilt werden und von der weiteren Mannschaft am Boden in Empfang genommen werden.

Egal wie gut das System und wie trainiert die Mannschaft ist, eine vollständige Evakuierung von Gondelbahnen braucht Zeit. Wenn wir in Bergbahnen einsteigen tun wir alle gut daran kurz darüber nachzudenken wie wohl eine Evakuieren ablaufen könnte, wie wir das Personal in diesem Fall bestmöglich unterstützen können und ob wir ausreichend bekleidet sind um längere Zeit in alpinem Gelände zu verbringen.

Nach der erfolgreichen und unfallfreien Übung gab es von der Nordkettenbahn bei der Nachbesprechung noch eine Jause, vielen Dank dafür!
Und danke auch der Feuerwehr Hungerburg für die alljährliche Unterstützung! (Matthias)

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