In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Univ. Prof. Dr. Gerhard Flora.
Gerhard prägte über Jahrzehnte die Bergrettung in Tirol und die Flugrettung Österreichs. Im Alter von 85 Jahren ist er am 22.10.2015 in Innsbruck verstorben.
Persönlicher Nachruf von Dr. Gilbert Posch, Berg- und Flugrettungsarzt:
de mortui nihil nisi bene
Nachruf an einen alten Freund
Dir nachzurufen lieber Gerhard, wird nicht möglich sein, ohne auch Deine kantigen Seiten zu erwähnen, sonst wird man Dir nicht gerecht, Du selbst hättest es niemals geduldet, nur schön geredet zu werden.
Du warst wohl der zwiespältigste Mensch den ich kennen lernen durfte. Dein Freund zu sein war stets eine Art Lebensversicherung, aber zugleich harte Arbeit, denn Du hast kompromisslos gefördert, aber auch ebenso gefordert. Du hast immer die Augenhöhe gesucht und warst dennoch stets eine Leitfigur. Du warst zutiefst humanistisch eingestellt aber beizeiten auch ein unglaubliches Rauhbein. Selbst der härteste Tadel von Dir hat uns wachsen und lernen lassen. Du warst ein Einzelkämpfer, der stets die Gemeinschaft gesucht und allen zugehört hat. Du warst mir ein großes Vorbild, manchmal auch in dem Sinne, dass ich nicht so werden wollte wie Du, ich meine damit vor allem Dein atemberaubendes Arbeitspensum.
All Deine liebenswerten Widersprüchlichkeiten zu beschreiben, all die lustigen und todtraurigen Momente mit Dir, könnte ein Buch füllen. Jetzt ist es genug, mögest Du Deinen Frieden gefunden haben, danke dass Du bei uns gewesen bist.
Gilbert im Namen aller, die unter Deiner Anleitung zu gestandenen Bergrettungsärzten werden durften.
Gerhard Flora war hauptberuflich Gefäßchirurg und leitete von 1961 bis 1995 die Abteilung für Gefäßchirurgie der Chirurgischen Universitätsklinik Innsbruck. Neben seiner beruflichen Tätigkeit widmete er sein Leben der Berg- und Flugrettung.
Als eigenständige Organisation wurde die Bergrettung Tirol nach dem Krieg 1950 gegründet. Gerhard war von Anfang an dabei. Als erster Landesarzt der Bergrettung Tirol und von 1957 bis 1960 als Landesleiter Stellvertreter, gestaltete er die Bergrettung Tirol in den Anfängen gemeinsam mit dem langjährigen Landesleiter Wastl Mariner. Diesen beerbte er auch als Leiter der Ortsstelle Innsbruck die er von 1954 bis 1980 führte. In Zeiten in denen es noch keine Ortsstellengrenzen gab, war Gerhard Flora mit seiner Ortsstelle Innsbruck im gesamten Tiroler Raum im Einsatz. Der am weitesten entfernte Einsatz der Ortsstelle Innsbruck, die berühmte Bergung eines Innsbrucker Kollegen am Mt. Kenya 1970, organsierte Gerhard. Während den beiden Olympiaden 1964 und 1976 in Innsbruck fungierte er als ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes. Gerhard war bekannt für seine große Strenge. Diese Strenge bei Ausbildung, Übung und Einsatz kam aber stets aus dem konstruktiven Bemühen für das beste Ergebnis. Er wurde so einer der geachtetsten Bergretter und Bergrettungsärzte.
1955 wurde in Bozen die Internationale Kommission für Alpines Rettungswesen (IKAR) gegründet. Gerhard war das letzte lebende Gründungsmitglied. Er war fixer Bestandteil der Medizinischen Kommission der IKAR.
Die bis heute alle zwei Jahre in Innsbruck stattfindende „Internationale Bergrettungsärztetagung“ wurde von Gerhard 1971 ins Leben gerufen. Ziel war und ist hier der Austausch und das von einander Lernen im internationalen Bergrettungswesen.
Mit großem Interesse verfolgte er den Aufbau der Schweizerischen Rettungsflugwacht (SRFW, heute REGA) und der ADAC Luftrettung, diese nahm bereits 1970 den ersten Notarzthubschrauber in Betrieb.
Gerhard Flora baute 1971 den weltweit ersten Notarzt-Flugbereitschaftsdienst für Alpinunfälle an der Innsbrucker Klinik auf. Die gesamte Flugrettung in Österreich wurde damals noch „nebenher“ durch Polizei und Bundesheer, ohne fixen Flugretter oder Notarzt betrieben. Unter großem Einsatz von Gerhard Flora wurde 1983 der erste reine Notarzthubschrauber Österreichs, der Christophorus 1, in Innsbruck in Betrieb genommen. So kam es auch, dass sich die Flugretter der ersten Stunde aus den Reihen der Bergretter der Ortsstelle Innsbruck rekrutierten. Bis zu seinem Ruhestand 1996 war Gerhard der leitende Flugrettungsarzt des ÖAMTC.
Gerhard Flora wurde für sein Wirken hoch dekoriert. Er ist Träger des Ehrenzeichens des Landes Tirol, des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich, der Tiroler Lebensrettungsmedaille, des Ehrenzeichens für Rettung aus Bergnot des ÖAV (Grünes Kreuz), des Ehrenzeichens der Stadt Innsbruck, des Ehrenzeichens des ÖAMTC in Gold und vieler anderer hoher Auszeichnungen.
Der Österreichische Bergrettungsdienst, die Bergrettung Tirol und die Ortsstelle Innsbruck verlieren einen legendären Visionär des Berg- und Flugrettungswesens in Österreich.
Danke für Dein Wirken!
Wir verabschieden uns von Gerhard im ÖAMTC Flugrettungszentrum Innsbruck, Fürstenweg 199 (Parkmöglichkeit beim Flughafen) am Freitag, den 30. Oktober 2015 um 15:00 Uhr.