Hermann Buhl, Gründungsmitglied

Hermann Buhl war in der Ortsstelle Innsbruck ein Gründungsmitglied der ersten Stunde!

Zur 100. Wiederkehr seines Geburtstages hat sich unser Spitz wiedereinmal Zeit genommen, um mit ein paar Zeilen uns den Hermann in Erinnerung zu rufen.

Der Innsbrucker Alpinist war Erstbesteiger gleich zweier Achttausender:
1953 erreichte er als erster Mensch den 8.125 Meter hohen Nanga Parbat, vier Jahre später war Hermann Buhl unter den Erstbesteigern des Broad Peak (8.051 m).
Am 21. September wäre Buhl 100 Jahre alt geworden.

TEXT WALTER SPITZENSTÄTTER
FOTOS ARCHIV BERGRETTUNG TIROL, ARCHIV GIPFELSTÜRMER Innsbruck

Es hat immer schon große Namen in der Bergsteigerschaft gegeben, alle haben bedeutende Anstiege auf die schwierigsten und höchsten Berge der Welt eröffnet und sind dafür teilweise auch überschwänglich bewundert und gepriesen worden. Besondere Erfolge in den heimischen Bergen wurden aber meistens nur lokal bekannt, wodurch die Protagonisten wohl hierzulande gefeiert wurden, eher selten aber auch über die Grenzen hinaus Bekanntheit erlangten. Der Kreis jener Alpinisten, die weltweite Anerkennung gefunden haben, war zu Lebzeiten von Hermann Buhl wesentlich überschaubarer, als es heutzutage zutrifft. Das Zeitalter der grenzenlosen Vernetzung aller Kommunikationsmittel hat uns heute weltweiten Zugriff auf alle möglichen Ereignisse eröffnet.

Wenn man den Bekanntheitsgrad von Hermann Buhl betrachtet, dann fällt dabei auf, dass es sich hier um eine Sonderstellung handelt, die kaum ihresgleichen kennt. Einerseits brachten seine vielen Erstbegehungen in den höchsten Schwierigkeiten in den 1940er- und 1950er-Jahren hohe Aufmerksamkeit, ebenso wie seine Wiederholungen der damals größten alpinen Unternehmungen, die er auch im Winter und im Alleingang absolvierte. Andererseits war es die Kühnheit, die Hermann Buhl immer wieder im Grenzbereich des Möglichen aufzeigte, die ihn als Kletterer und Eisgeher in den Bereich der absolut Besten seiner Zunft brachte.

Buhl erzählte selbst, wie er während einer Tour im Montblanc-Gebiet von Franzosen erkannt wurde, als diese im Vorbeigehen in offensichtlicher Hochachtung „Cest Bühl!“ geflüstert hatten. Dass er zu dieser Zeit, weit entfernt von seiner Heimat, erkannt werden konnte, zeugt von einer gewissen Popularität, die er zumindest im alpinen Raum bereits genossen hatte.

Wenn man bedenkt, dass Hermann Buhl bereits am 27. Juni 1957 (mit 33 Jahren) an der Chogolisa (7.654 m) durch einen Wechtenbruch sein Leben beenden musste, dann spürt man förmlich, wie dieser Mensch, den heute nach 67 Jahren wohl nur mehr ganz wenige Verwandte oder Freunde noch persönlich gekannt haben, eine Ausstrahlung besitzt, die von allseitiger Bewunderung getragen ist.

Aufgewachsen und groß geworden in Innsbruck

Die Berührungspunkte mit Hermann Buhl innerhalb der Tiroler Alpinszene sind heute stark in den Hintergrund getreten. Zur Wiederkehr seines 100. Geburtstages darf ich in aller Bescheidenheit daran erinnern, dass Hermann Buhl im Kreise der damals besten Kletterer Tirols aufgewachsen ist. Er erlebte seine Jugend bei der Jungmannschaft des ÖAV Innsbruck, wo er mit seiner eher schmächtigen Figur anfänglich unauffällig war und ob seiner „dünnen Haxn“ manchmal gehänselt wurde. Dies änderte sich aber rasch, als die ersten größeren Erfolge des Klettertalents bekannt wurden.

1942 kam Hermann Buhl zum Innsbrucker Verein „Alpine Gesellschaft Gipfelstürmer“, wo er mit den damals besten Alpinisten zusammenkam, mit denen ihm etliche Erstbegehungen in seiner Heimat gelangen. Auch schwierigste Wiederholungen der anspruchsvollsten Touren machten Hermann Buhl damals weitum bekannt. 1947 wechselte er zum alpinen Klub „Karwendler“, wo er Gelegenheit bekam, in die Westalpen zu fahren, und er seine alpinistischen Ziele somit deutlich steigern konnte. Alleinbegehungen, Winterbegehungen, schnelle Zeiten, große Überschreitungen: Buhl reihte einen Erfolg an den anderen. Der Ruf eines starken Kämpfers am Berg hatte Hermann Buhl nun für Expeditionen zu den höchsten Bergen der Erde interessant gemacht.

Mitglied der neu gegründeten Bergrettung Tirol

Dass Hermann Buhl auch Mitglied der Bergrettung Tirol war, bezeugt sein Aufnahmeantrag, den er am 9. Juli 1949 unterschrieben hatte. Er war somit Gründungsmitglied der Ortsstelle Innsbruck, die ihre ersten Mitglieder für die am 13. Jänner 1950 behördlich bestätigte Existenz der Bergrettung Tirol als selbstständiger Verein aus den Mitgliedern der alpinen Vereine rekrutieren musste. Hermann Buhl war vor allem aufgrund seiner außerordentlichen Befähigung als Kletterer sehr willkommen. Damals hatte man noch keine überlangen Seile zur Verfügung, weshalb Kletterer, die in hohen Wänden, wie im Karwendel, in Schwierigkeiten gerieten, von den Rettern zuerst von unten erreicht werden mussten, um ihnen überhaupt helfen zu können. Dazu brauchte die Bergrettung ausgezeichnete Kletterer, die imstande waren, die schwierigsten Routen der damaligen Zeit, auch über deren Schlüsselstellen hinaus, tadellos klettern zu können. Nur mehr einzelne Bergretter aus der Gründerzeit, die heute noch leben, haben Hermann Buhl persönlich gekannt. Trotzdem erinnern sich auch heute noch seine Nachfahren als Bergretter an jene kurze Zeit (1950–1957), die Hermann Buhl blieb, um auch im Sinne des Bergrettungsgedankens seine Leistungsfähigkeit zur Verfügung stellen zu können

Eine einzigartige Sonderleistung am Nanga Parbat

Hermann Buhl stammt aus einer Zeit, in der der extreme Alpinismus noch keine Möglichkeit bot, seinen Lebensunterhalt allein mit dieser Tätigkeit zu verdienen. Er konnte nicht ausschließlich seine Gedanken und Unternehmungen auf den Alpinismus beschränken und all sein Tun und seine Vorbereitungen nur dieser Lebenseinstellung widmen. Dennoch gelang ihm eine alpinistische Großtat, die hauptverantwortlich dafür ist, dass Hermann Buhl auch heute noch in aller Welt als jener Bergsteiger gilt, der die anspruchsvollste Leistung eines Menschen in einer Höhe über 8.000 m allein und bei widrigsten Umständen durchgestanden und erfolgreich abgeschlossen hat. An dieser Bewertung wird sich auch nichts mehr ändern, weil die Voraussetzungen, die Buhl bei seinem Alleingang am 3. Juli 1953 am Nanga Parbat hatte, heute nicht mehr nachzuvollziehen sind. Niemand würde sich heutzutage mit der damaligen einfachen Ausrüstung in ein derart gewagtes Unternehmen aufmachen, wobei auch die moralische Belastung des damals so dramatisch umkämpften Berges, der noch immer unbezwungen war, heute nicht mehr
gegeben wäre. Ungeteilte Bewunderung wird Buhl auch heute noch zuteil für seine unglaubliche Willenskraft, die er damals bewiesen hatte, als er trotz der langen Aufstiegszeit, die er über die weite Fläche des Silbersattels hinter sich hatte, angesichts der bald hereinbrechenden Nacht trotzdem den Gipfel erkletterte. Im Abstieg war dann durch die Dunkelheit und große Kälte kein Weiterkommen mehr möglich. Ein Biwak im Stehen in 8.000 m Höhe war unvermeidlich. Die Bewältigung dieser Umstände, verbunden mit dem am nächsten Tag noch folgenden elendslangen Abstieg, den er schließlich auch noch ohne bleibende Schäden überstand, machten Hermann Buhl für alle Zeiten zum absoluten Alpin-Helden. Die weltweite Anerkennung blieb bis heute unangetastet und erfüllt wohl jede Tirolerin und jeden Tiroler, die nur irgendwie mit Alpinismus zu tun haben, mit Stolz. Die Stadt Innsbruck hat den großen Tiroler durch die Benennung des Platzes bei der Hungerburg-Bergstation in „Hermann-Buhl-Platz“ geehrt.

Vor dem Taschachhaus im Pitztal (von links): Sepp Füruter, Rudl Schiendl, Hermann Buhl und Rudl Steinlechner

Artikel aus dem Bergrettermagazin 09-24

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