Alpine Trailrun Innsbruck

Bergrettung – die andere Seite

„Das ist der Valentin von der Bergrettung“ – 120 Augenpaare wendeten sich nach links. Samstag vier Uhr Früh vor dem Innsbrucker Landestheater, kurz vor dem Start zum Innsbruck Alpine Trail K85. Soeben hatte der Veranstalter den Athleten den Einsatzleiter der Bergrettung Innsbruck vorgestellt. „Immer wo die Bergrettung steht ist es schwierig zu laufen“ hatte dieser bereits am Vortrag beim Race Briefing erläutert.

Und tatsächlich: Nach dem nächtlichen Start in der Innsbrucker Innenstadt sehen wir AthletInnen das grüne Bergrettungs-Auto zum ersten Mal kur vor fünf Uhr Früh im Höttinger Graben, wo es hinauf zum Bärfallsteig geht. Stirnlampen huschen durch die nächtliche Dunkelheit. Die ersten Sportler sind schon eine Zeit lang durch, viele aber auch hinter mir. Ich fühle mich frisch und bin froh, dass ich mich für kurze Hose und Leibchen entschieden habe.

Der Innsbruck Alpine Trail K85, das sind 85 Kilometer Traillauf rund um Innsbruck, mit 3.600 Höhenmetern überwiegend auf Steigen und Forstwegen. 800 TeilnehmerInnen haben sich für die unterschiedlichen Disziplinen angemeldet, davon etwa 120 für die längste Runde, eben K85. Viele Deutsche, einige Polen, Tschechen eine stattliche Anzahl an einheimischen SportlerInnen nehmen daran Teil. Ich habe mir gedacht: Probierst es halt einmal. Starten ist ja der leichte Teil. Und die Steige kenne ich, die traue ich mir alle zum Laufen zu. Und deshalb bin ich nun Teil dieser Kette aus Stirnlampen, die durch den Höttinger Graben hinaufziehen.

Vor dem Rauschbrunnen schalte ich die Stirnlampe aus, der Tag bricht an. Schnellen Schrittes geht es hinunter nach Kranebitten. Man merkt hier deutlich, welche Läufer häufig auf Steigen mit Wurzeln trainieren und welche nicht. In Kranebitten sind wir zu früh, die versprochene Suppe gibt es erst um 6 Uhr. Aber noch ist das kein Problem, alle sind fit. Flach geht es hinüber nach Völs, von wo es sich lange und langsam bis nach Birgitz zieht. Am Dorfbrunnen erst einmal gemütlich jausnen und darüber erkundigen, wie ich in der Zeit liege.

Nun folgt jener Teil der Strecke, vor dem sich viele TeilnehmerInnen im Vorfeld etwas gefürchtet haben. Es geht hinauf, zuerst zum Hüttegg und dann Richtung Götzner Alm. Der Weg wird schmaler, der Schnee tiefer. Tatsächlich hat es in der Vorwoche noch geschneit, und die Veranstalter haben deshalb auch Spike-Pflicht ausgerufen. Der Schnee ist aber gut griffig gefroren, ich lasse die Spikes im Rucksack. Vor dem Götzner Graben steht wieder ein Bergretter und für alle ist klar: es wird schwieriger. Die Ortsstelle Axams hat die Sicherung dieses Teils übernommen und ihre Mitglieder stehen aufgefädelt am Steig. Schattig ist es hier, doch der Ambulanzdienst läuft wie immer ohne viel Murren. Einige freundliche Worte beim Vorbeilaufen und schon geht es an der Götzner Alm vorbei, nun wieder auf Forstwegen. Der technisch anspruchsvollste und durchwegs absurztgefährdete und vereiste Teil der Strecke ist vorbei.

Vor der Skipiste wartet schon Peter mit dem Fotoapparat in der Hand. „Einen hat’s vorhin am Schnee schon hingeschmissen“ erzählt er. Bisher noch keine weiteren Verletzungen, das ist gut zu hören. Ich laufe weiter und sehe schon von Weitem den Bergrettungs-Landrover auf der Mutterer Alm stehen. Höher hinauf geht der Traillauf nicht mehr.

Über schneebedeckte Forstwege geht es weiter, wo in der Sonne schon Bergretter Adi gut gelaunt wartet. Er hat sich eine Sitzgelegenheit mitgebracht, weil er weiß dass Ambulanzdienste oft lange dauern. Tatsächlich dauert er länger, weil eine Teilnehmerin ihren Vater, dem es gesundheitlich schlecht geht noch nach Birgitz zurück begleitet bevor sie selbst neu durchstartet. Hinter der Kreither Alm verlaufe ich mich einmal kurz und muss ein Stück durch den Wald, das geht hier auch anderen so. Als wir auf die Bergretter der Ortsstelle Vorderes Stubai treffen wissen wir, dass wir wieder richtig sind. Schnellen Schrittes geht es hinunter nach Telfes, auch hier wieder Bergretter mit einem freundlichen Gruß. Steil hinab zur Ruetz und dann den Stollensteig leicht kupiert hinaus. Bergretter warten auch hier und sind bereit einzugreifen, wenn ihre Hilfe benötigt wird.

Nach Unterberg hinunter werden meine Oberschenkel langsam müde und ich sitze länger an der Verpflegungsstation. Ich trotte dann aber doch weiter weil ich weiß, dass nun eine meiner Lieblingsstrecken kommt. Durch die Sillschlucht hinaus, wo schon Valentin und Manuel von der Ortsstelle Innsbruck warten. An Bergiselmuseum und Bretterkeller vorbei und aufs Landes Köpfl hinauf ist weiterhin Bergrettungsgelände.

Nun beginnt sich die Laufstrecke zu ziehen: nach Ampass und von dort auf Forstwegen bis Hall. Und vor allem von Hall nach Thaur hinauf, immer schon eine unsympathische Laufstrecke. AM Thaurer Schlössl ist dann langsam ein Ende absehbar: noch 12,7 Kilometer stehen hier angeschrieben, aber die haben es noch einmal in sich und bieten einiges an Höhenmetern. Am Rechenhof warten René und Bergrettungsärztin Helga und erkundigen sich nach dem Befinden, auf der Enzianhütte schließlich Ossi und Matthias. Es ist schön zu sehen, wie organisiert die Bergrettung Innsbruck ist, in dem Wissen dass gleichzeitig auch noch eine Katastrophenübung in Aldrans stattfindet, deren Hubschrauber man den ganzen Tag hören konnte.

Hinter der Enzianhütte meldet sich mein linker Knöchel. Es war nun doch schon ein langer Tag und das abwärtslaufen ist anstrengender als hinauf. Auf der Arzler Alm sitzen hunderte von BesucherInnen auf der Terrasse und genießen die Sonnenstrahlen und ich tue das nun auch. Ich weiß, dass mich nun nichts mehr davon abhalten wird ins Ziel zu kommen. Bekannte Wege ziehen vorüber, häufig gesehene Gebäude beim Laufen rund um Innsbruck: über die Hungerburg Richtung Alpenzoo, zur Innbrück und schließlich nur mehr die letzten Meter entlang des Inns und über den Rennweg. Nach 12 Stunden und 8 Minuten bin ich im Ziel, als 21. des 85 Kilometer-Laufs. Ich fühle mich erstaunlich gut, vielleicht auch deshalb weil ich stets wusste dass medizinische Hilfe nicht weit ist, falls mir etwas zustoßen sollte. Mit Franziska und Valentin von der Ortsstelle schließlich stoßen wir auf ein gelungenes Event bei der Pastaparty an. Für alle war es gleichermaßen anstrengend, lang und auch schön: AthletInnen und Bergrettung. (gebi)

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