Gründung einer alpinen Rettungsorganisation

In Tirol gab es 1897 ein prägendes Ereignis, das zum Entschluss der Gründung einer alpinen Rettungsorganisation beigetragen hat:

Der Innsbrucker Medizinstudent Max Peer unternahm mit seinem Freund Troyer eine „Schneeschuhfahrt“ auf die Nockspitze. Beim Abstieg in Richtung „Axamer Alm“ (Axamer Lizum) rutschten die beiden am Hosenboden über die 35° steile Westflanke ab, um auf diese Weise schnell zu ihrem Skidepot zu gelangen. Troyer konnte sich auf die Seite retten, Peer wurde von der „Schneelehne“ mitgerissen, die sich in der Rinne plötzlich gelöst hatte. Eine Länge von 800m, 15m breit und 6-8m tief maß die gewaltige Lawine, die das Ende des jungen Schitouristen bedeutete. „Eine Schar von Bauern“ machte sich gegen Abend auf den Weg zur Unglücksstelle, um nach dem Verschütteten zu suchen. Am nächsten Tag fuhren Innsbrucker Mitglieder des Alpenclubs, Gendarmen und Kaiserjäger mit Fuhrwerken in die Lizum, um den gesamten Lawinenkegel zu durchpflügen. Während der 14 Tage dauernden Sucharbeiten wurden 70 Quergräben gezogen, doch alle Mühe war umsonst. Max Peer war nicht zu finden. Erst Ende Mai aperte die Leiche am Ende der Lawine aus.
Quelle: „Die weiße Spur“ Tiroler Skitourengeschichten, Gerald Aichner

Aufgrund der beschriebenen Eindrücke entstand 1898 auch in Innsbruck eine „Alpine Rettungsgesellschaft“ nach dem Wiener Vorbild. Auch in München und in Salzburg wurden solche Vereinigungen ohne besondere Schirmherrschaft selbständig ins Leben gerufen, wobei sich die Akteure draußen im Gelände idealerweise aus Bergsteigern aller bestehenden alpinen Vereine rekrutierten.

Als Besonderheit im Zusammenhang mit den noch vorhandenen Aufzeichnungen aus den Anfängen der Bergrettung in Österreich und speziell jener in Tirol, gibt es folgenden Artikel als erste mediale Erwähnung des alpinen Rettungswesens in Tirol. Es handelt sich dabei um den ersten Einsatz des Vorläufers der „Bergrettung Innsbruck“:

Die Alpine Rettungsgesellschaft Innsbruck fand am 1. d. M. zum ersten Male Gelegenheit, in Wirksamkeit zu treten, indem sie von den Angehörigen des seit 21. August 1898 in Cortina vermissten Stud. med. S. Panzer aufgefordert wurde, Erhebungen zu pflegen. Die „A. R.-G.“ schickt uns hierauf bezüglich folgende Zuschrift:

„Wenngleich auch, die unter Mithilfe der Sekt. Ampezzo durchgeführten Nachforschungen, Rettungs- und Bergungsarbeiten, nur den traurigen Erfolg hatten, die Leiche des Verunglückten aufzufinden und zu bergen, so gewann die Leitung der A. R.-G. andererseits die Überzeugung, dass die Ausbreitung der Wirksamkeit der Gesellschaft über ein weiteres Gebiet durchführbar sei, vorausgesetzt, dass die Bestrebungen der A. R.-G. auch weiterhin so tatkräftige Förderung erfahren, als dies bei diesem Anlasse seitens der löblichen k. u. k. Behörden von Cortina, ganz besonders aber der Sekt. Ampezzo des D. u. Oe. Alpenvereins, der Fall war.
Letztere hat sofort auf die erste telegraphische Nachricht seitens der A. R.-G. in umsichtiger und zielbewusster Weise, dabei aber mit ökonomischer Verwendung der Kräfte, die ersten Nachforschungen gepflogen und die rasch gefundene Spur bis zur Auffindung und Bergung des Verunglückten verfolgt.
Der verehrlichen Sekt. Ampezzo sei unser verbindlichster Dank ausgesprochen. An die übrigen Sektionen aber ergeht die inständige Bitte, an Hand des zugeschickten Organisationsentwurfes der A. R.-G. deren Bestrebungen einer Prüfung zu unterziehen und derselben die erbetene Unterstützung und Förderung nicht zu versagen.“
Quelle: Mitteilungen des DÖAV  1898

Alsbald wurde auch erkannt, dass eine überregionale Entwicklung erforderlich wurde, die koordiniert und auch finanziert werden musste. So ist es nicht verwunderlich, dass die alpinen Vereine, allen voran der Alpenverein, Bestrebungen anstellten, die weit auseinanderliegenden Rettungsstellen unter eine zentrale Verwaltung zu bringen. An den Bemühungen, gemeinsam die Organisation des Bergrettungswesens in Angriff zu nehmen, zeigten jedoch die meisten alpinen Vereine kein Interesse mehr. Dadurch sollte es dem Alpenverein vorbehalten bleiben, allein die Schirmherrschaft über das Rettungswesen im zentralen Alpenraum zu übernehmen.

Unbestritten ist jedenfalls, dass die Grundidee zur Bildung des organisierten alpinen Rettungswesens in Wien geboren wurde, weshalb auch das Datum 1896 als Gründungsjahr der österreichischen Bergrettung verankert ist, wenngleich auch damals der gegründete Verein noch nicht den Namen „Bergrettung“ getragen hatte. Somit sind diese 6 Jahre der getrennt arbeitenden alpinen Rettungsvereinigungen von 1896 bis 1902 als Vorlauf zur zentral organisierten Bergrettung zu sehen.

Alpiner Rettungsdienst in Innsbruck.

Die alpine Rettungsstelle des D.u.ö. Alpenvereins in Innsbruck befindet sich bei Herrn Josef Mattes, Bandagengeschäft, Maria-Theresien-Straße Nr. 51.
Leiter der alpinen Rettungsstelle ist Herr Josef Mattes.
Unfallsmeldungen mögen dorthin gerichtet werden oder an die städtische Polizei im Rathause.
Drahtanschrift: Alpine Rettungsstelle Innsbruck. Fernsprecher Nr. 420 und 421.
Den ganzen Sommer über ist ein alpiner Rettungsdienst eingerichtet (Rettungsbereitschaft), der von Mitgliedern des Sektionsausschusses und von den Mitgliedern des Akademischen Alpenklubs Innsbruck besorgt wird.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1909 (spitz)

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