In dunkler Nacht am Rosskogel

Die zweite Oktoberhälfte verlieft für Innsbrucker Bergrettung-Verhältnisse vergleichsweise ruhig. Am 21.10. war ein Mountainbiker am Weg von der Vintl-Alm zur Rumer Alm gestürzt und musste von uns abgeholt werden. Am 25.10. kam es bei einem Downhill-Sturz am Arzler Alm-Trail zu einer Sprunggelenksluxation, die von uns uns versorgt wurde, außerdem übernahmen wir einen Einsatz auf der Hungerburg aufgrund der starken Auslastung der Rettungswägen. Außerdem waren einige Abklärungen zu organisieren, beispielsweise im Bikepark Mutters oder an der Bergstation Seegrube, wo an den Notarzthubschrauber übergeben wurde. An den Hubschrauber der Flugpolizei wurde auch im November ein Einsatz übergeben, wo am 7.11. zwei verstiegene Personen südlich der Kaminspitzen ausgeflogen werden mussten. Am gleichen Tag wurde auch ein vermeintliches Notsignal von uns an der Arzler Scharte abgeklärt.

Der aufwändigste Einsatz der vergangenen Zeit fand jedoch am 6.11. im Bereich des Rosskogels statt. Zum Einbruch der Dunkelheit war eine Person bei der Polizei als vermisst gemeldet worden, der eine Tour am Rosskogel von Stiglreith aus unternehmen wollte. Die Polizei nahm Umfeldabklärungen vor und verständigte daraufhin die Bergrettung Innsbruck. Die Ortsstelle Innsbruck rückte mit 15 Personen gegen 18.30 Uhr zum Einsatz aus. Verstärkt wurden die Suchmannschaften von 6 HundeführerInnen aus dem Bezirk Innsbruck-Land. Im Einsatzzentrum Kematen wurde in Absprache mit der Polizei das primäre Suchgebiet festgelegt und daraufhin auch noch die Bergrettung-Ortsstelle Flaurling hinzugezogen, die mit 6 BergretterInnen ausrückten.

Die Innsbrucker BergretterInnen und die HundeführerInnen wurden in der Dunkelheit zur Krimpenbachalm gebracht, wobei aufgrund der starken Covid-Infektionslage darauf geachtet werden musste, mit mehr Fahrzeugen als sonst üblich anzufahren. Vor Ort angekommen teilten sich die Suchmannschaften auf, wobei drei Hauptrichtungen festgelegt wurden: über den Nordgrat, zum Schartl Richtung Südgrat und zum Kögele. Aufgrund der vorliegenden Informationen musste mit einem Absturz des Gesuchten gerechnet werden. Deshalb teilte sich die Suchmannschaft Richtung Schartl bald noch einmal in zwei Mannschaften auf, um den Wandfuß der Ostwand genau absuchen zu können. Dabei handelt es sich durchwegs um steiles Gelände, welches bereits mit stark gefrorenem Schnee durchsetzt ist, das lange Gras war auch teilweise mit Reif überzogen. Besondere Vorsicht war also geboten.

Nächtlicher Blick vom Rosskopf auf Innsbruck.

Eine knappe Stunde nach Beginn der Suche vor Ort wurden die Vermutungen leider bereits bittere Realität: einer der Hunde hatte schon seit Längerem eine unklare Witterung verfolgt, als er schließlich stärker anzog. Die mitgeeilten Bergretter konnten den Gesuchten am Fuß einer steilen und hartgefrorenen schneegefüllten Rinne ausmachen, leider kam für den Gesuchten jede Hilfe zu spät. Die weiteren Suchmannschaften wurden daraufhin zum Fundort geleitet und die Gebirgstrage vom Fahrzeugdepot über etwa 350 Höhenmeter hinaufgetragen. Nach Abklärungen der Alpinpolizei vor Ort begann der Abtransport durch das steile Gelände, wobei der Abtransport selbst eine knappe Stunde an Zeit in Anspruch nahm. Im Einsatzzentrum Kematen erfolgte die Untersuchung durch den Sprengelarzt.

Abtransport über steile Wiesen und Felsen… anstrengende Bergrettungsarbeit.

Für uns BergretterInnen handelte es sich um einen Einsatz, wo wir zwar dem Gesuchten nicht mehr helfen konnten aber hoffentlich durch unsere Tätigkeit den Angehörigen und Bekannten eine Hilfestellung boten indem wir die Zeit ihrer Unsicherheit kurz hielten und ihnen verdeutlichten, dass BergretterInnen vor Ort sind, wenn Hilfe benötigt wird. Für uns zeigte sich, dass eine Suche bei sofortigem großen Personaleinsatz und guter Suchstrategie bei guter Ortskenntnis in Zusammenarbeit zwischen BergretterInnen und HundeführerInnen auch in kurzer Zeit selbst in der Dunkelheit abgewickelt werden kann. Wir wachten in kalter Nacht am Absturzort und waren alle in eigenen Gedanken versunken, als wir dem Mond bei seinem Aufgang hinterm Karwendel zusahen. Jeder von uns weiß, wie schnell am Berg ein Unglück passieren kann. (gebi)

Den Einsatz von letzter Nacht am Rosskogel hatten wir noch gar nicht richtig verarbeitet, kam schon der nächste Einsatz auf der Nordkette rein. Zwei Südtiroler Männer haben sich im Bereich der Hafelekarspitze (so die Meldung direkt an den Ortsstellenleiter) verstiegen und kommen nicht mehr vor oder zurück. Außerdem hatten sie die Orientierung verloren und fühlten sich auch nicht mehr wohl im Gelände wo sie sich gerade befanden. Nachdem wir ihnen die Installation der Notfall App empfohlen haben, konnten wir den genauen Standort eruieren – sie befanden sich im Bereich der Kaminspitze…doch noch ein Stück weiter entfernt vom Hafelekar ;-). Nachdem derzeit die Nordkettenbahn ihre Revisionsarbeiten durchführt und eine Auffahrt per Bergrettungsfahrzeug und ein weiterer Aufstieg zu den Kaminspitzen einiges an Zeit in Anspruch nehmen würden, haben wir den Hubschrauber des Innenministeriums um Unterstützung gebeten. Die Libelle konnte dann, unterhalb der Kaminspitzen, eine Taubergung der verstiegen Personen durchführen und diese sicher auf den Heli Stützpunkt am Flughafen Innsbruck bringen.

Der Tag wurde dann noch abends von einer Meldung eines Notsignales in der Arzler Reise abgerundet… dort wurden wir aber nicht gebraucht und wir konnten schlafen gehen. (bb)