Zwei große Ereignisse in direktem Zusammenhang mit der Bergrettung Innsbruck feiern im Juli 2023 runde Geburtstage:
40 Jahre Christophorus 1 und OEAMTC Flugrettung und 70 Jahre Erstbesteigung des Nanga Parbat durch Hermann Buhl.
70 Jahre Erstbesteigung des Nanga Parbat durch einen Innsbrucker Bergretter
Hermann Buhl wurde 1924 in Innsbruck geboren. Von Kindesbeinen an zog es ihn in die Berge und mit dem für ihn zu Fuß zu erreichenden Karwendel hatte er das richtige Umfeld um zu einem der größten Alpinisten heranzuwachsen. In einer Zeit des Mangels und der Armut leistete Hermann unbeschreibliches. Alleine schon, wenn er am Freitag mit dem Fahrrad in die Schweiz fuhr, dort die Badile-NO-Wand besteigt, ohne Pause wieder heim radelt, er muss ja Montag in die Arbeit, und kurz vor Landeck auf dem Rad einschläft und im kalten Inn wieder aufwacht.
Die Folge war neben der alpinistischen Leistungsfähigkeit eine unglaubliche Kondition. Diese rettete ihm ein einer Zeit des erst beginnenden (und von „zünftigen Bergsteigern“ nicht zu beanspruchenden) alpinen Rettungswesen mehrfach das Leben.
„Die Zeit drängt. Wir haben nur ein 30-Meter-Seil. Das muss für die Rettung des Freundes und zur eigenen Sicherung genügen. Wir wollen und werden nicht um Hilfe rufen. Dort unten bleiben schon einige Menschen stehen. Kleine, jetzt regungslose Punkte. Sie starren zu uns herauf. Wir rufen nicht um Hilfe und von selbst kommen sie nicht.“ 3
Gerne wurde der Ausnahmealpinist am 03.07.1947 in die Reihen der Innsbrucker Bergretter aufgenommen.
„An einem Freitagabend eile ich zum Abendschnellzug der mich nach Landeck bringt. Dort besteige ich das Rad. Nach vielen Kilometern, die ich im harten Sattel zurücklege, erreiche ich um Mitternacht die Schweizer Grenze. Abseits der Straße lege ich mich für ein paar Stunden zur Ruhe, denn auch vergangene Nacht habe ich kein Auge zugebracht. Ich war auf einer Vermisstensuche an der Nordkette bei Innsbruck.“ 3
Hermann Buhl lebte in der Zeit seiner größten Erfolge sprichwörtlich von der Hand in den Mund. Die Zeit war noch nicht reif für die späteren Profi-Bergsteiger die von Sponsoren, vom Bücher schreiben und Vorträge halten leben, und sich sonst ganz der Bergsteigerei widmen können. Als junger Familienvater von der Delogierung bedroht rettete ihn das Angebot des Münchner Sportartikelhändlers Schuster bei ihm zwischen den Bergfahrten als Verkäufer zu arbeiten. So verließ er notgedrungen Innsbruck. Die Nähe zum Münchner Alpenverein ermöglichte aber auch die Teilnahme und intensive Vorbereitung der Expedition 1953 zum Nanga Parbat in Pakistan. Expeditionsleiter war der berühmt-berüchtigte Dr. Karl Herligkoffer, und man muss wohl sagen, trotz dieser Leitung stand Hermann Buhl nach unbeschreiblicher Leistung am 03. Juli 1953 alleine und ohne Sauerstoff auf dem 8125 m hohen Nanga Parbat. Sein aufzehrender Abstieg inklusive einem Stehbiwak auf 8000 m dürfte er nur aufgrund seiner vorherigen Leistungen und außergewöhnlichen geistigen und körperlichen Fitness überlebt haben.
Mit der Ersteigung des Broad Peak am 09. Juni 1957 wurde Hermann Buhl zu einem von weltweit nur drei Menschen die zwei 8000er erstbestiegen haben. Wäre Hermann Buhl nicht am 27. Juni 1957 bei einem Wächtensturz an der Chogolisa verstorben wäre er sicher ein Kandidat für bis zu vierzehn 8000er Besteigungen gewesen. (Haselbacher)
Weiterführende Literatur:
Das Buch „8000 drüber und drunter“ von Hermann Buhl, ein unglaublich ehrliches und einfühlsames Zeugnis des Alpinismus der 1920er bis 1950er und über das alpinistische Aufwachsen in Tirol.
Der Film „Nanga Parbat“ von Hans Ertl mit umwerfenden Bildern von der erfolgreichen Expedition und Besteigung durch Hermann Buhl:
https://www.youtube.com/watch?v=Xz5kOQWg7Vs