Ab Winterbeginn 1958/59 hat die OS IBK den Pistenrettungsdienst bei der Nordkettenbahn samstags, sonntags und feiertags offiziell begonnen. Die Ausstattung mit Einsatzmaterial wurde von der OS IBK gestellt (Akja + Erste Hilferucksack). Der Dienst war unentgeltlich, es gab weder ein Essen noch Freikarten – für heute undenkbar. Es stand auch kein Rettungsraum zur Verfügung, der Bereitschaftsdienst war im Restaurant des Hotel Seegrube stationiert.
Die Pisten von der Seegrube bis ins Tal waren unpräpariert, sogenannte Buckelpisten. Vom Hafelekar sind sie es heute noch, die Abfahrten zur Hungerburg waren schmale Waldstreifen und die Ausrüstung der Skifahrer für heutige Verhältnisse herausfordernd: Holzskier, Länge 2,10m – 2,15m war Standard, Skibindung – fixe Langriemenbindung, Schuhe aus Leder knöchelhoch.
Dementsprechend waren auch die meisten Verletzungen, die wir zu versorgen hatten: Knöchel und Unterschenkelbrüche. Bei Karbergungen hatten wir kein Seil zur Verfügung, nur die Akjakette zum Bremsen, dementsprechend herausfordernd waren Bergungen aus der Karrinne und Direttissima, speziell bei vereisten Verhältnissen im Frühjahr. Erst in den späten 1970er Jahren erhielten wir ein 200m Statikseil mit einem Rollgliss (Bahnabseilgerät) für Karbergungen, das dann später auf ein 400m Seil ausgetauscht wurde. Damit konnten wir Karbergungen stressfreier gestalten, alle Bergungen wurden nur mehr mit Seil durchgeführt.
Für unsere Dienste hatten wir immer genügend Bergretter zur Verfügung, alle waren ausgezeichnete Skifahrer. Die Mannschaft bestand zwischen 14 und 16 Mann, die an allen Wochenenden und Feiertagen Dienst machten. (samstags 2, sonn-u. feiertags 3 Mann). Im Laufe der Zeit ist es uns gelungen, von der Betriebsleitung einen eigenen Bergrettungsraum zu bekommen und auch Freikarten, Essensmarken, sowie eine bescheidene finanzielle Aufwandsentschädigung für den großen Zeitaufwand zu erhalten, den die Bergretter für diese dauerhafte Dienstleistung opfern mussten.
Für die Einrichtung unseres Bergrettungsraumes steuerte unsere OS finanzielle Hilfe bei, den Rest machten wir in Eigenregie. Wir hatten nun einen gemütlichen Dienstraum zur Verfügung wo wir auch unsere spezielle Ausbildung durchführen konnten. Immer am Anfang der Saison hatten wir einen ganzen Tag dafür vorgesehen. Vormittags wurde medizinisch geschult – in unseren Reihen waren immer Bergrettungsärzte oder Medizin-Studenten, die diesen Teil übernahmen. Nachmittags wurden dann Abseilübungen und Verletztenbergungen mit Akja in unserem Einsatzgebiet von der Karrinne, Seilbahnrinne, Juliusrinne bis zur Direttissima durchgeführt.
Auch Lawineneinsatzleiterschulungen fanden hier statt, da unsere Pistenrettungs-Mannschaft bei Lawinenabgängen fast immer die ersten am Einsatzort waren und die Einsätze leiteten, bis die Einsatzmannschaft der Bergrettung eintraf.
Einige Jahre veranstalteten wir auch Akjarennen. Einen Riesentorlauf von der Seegrube bis zur 3er Lift Talstation, wobei wir von der Betriebsleitung unterstützt wurden, indem sie uns das lange Tal sperrten und auch präparierten. Die Torläufe habe ich gesteckt, von der Berufsfeuerwehr hat uns der Pittl Luis die Zeitnehmung gemacht, unsere Frauen waren die Torrichter und unser Höpperger Fredl besorgte die Pokale (Bittgang in diversen Innsbrucker Geschäften).
Doch die Rennen endeten langsam als die Pisteneinsätze immer mehr wurden und mit dem Aufkommen der Snowboards auch die Verletzungsmuster anders wurden. Es gab mehr Hand- Schulter- und Wirbelverletzungen von Snowboardern und Freestylern.
Mit Kicker und Halfpipe wurde ein Funpark geschaffen, der uns viel Arbeit bescherte. Auch Skirennen gab es auf der Nordkette. Da war zu meinen Anfangsjahren die Ski- und Schwimmkombination mit einem Slalom vom Kar und dem 100m Freistil-Schwimmen im Tivoli. Und dann gab es noch etliche Jahre das Kasermandl Rennen, ein FIS – B Riesentorlauf vom kleinen Lift Berg zum 3er Lift Tal, bei denen wir die Ambulanzdienste besorgten.
Viele Ambulanzdienste machten wir auch später für Snowboard Veranstaltungen, von Springen bis zu Tor- und Abfahrtsläufen. Einer der ausgefallensten war ein Abfahrtslauf nur für Snowboards, vom Kar durch die Seilbahnrinne bis zum 3erLift Tal bei Tiefschnee und ohne Tore! Aber trotzdem ohne Verletzte!
Doch zurück zum Pistendienst: Wir hatten versucht die Anwärter der Bergrettung in den Pistendienst als 3. Mann einzugliedern, um ihnen Praxis im Umgang mit Verletzten zu vermitteln. Leider fehlte dafür teilweise das Interesse, oder es war das skifahrerische Können nicht vorhanden. Wir hatten aber immer genügend fertige Bergretter, sodass wir die anfallenden Dienste, die meistens vom 6. Dezember bis zur ersten / zweiten Maiwoche dauerten, stets vollwertig erfüllen konnten.
Nach Inbetriebnahme des Notartzthubschraubers Christophorus 1, dessen Initiator unser Ortsstellenleiter Prof. Dr. Gerhard Flora war, hatten wir auch 5 ausgebildete Flugretter in unseren Reihen.
2006 wurde die Nordkettenbahn komplett erneuert. Dabei mussten wir leider unseren Bergrettungsraum der Hafelekarbahn opfern. Wir erhielten dafür im Neubau der 3er Liftstation Berg Ersatz-Räumlichkeiten, die wir uns erst wieder einrichten mussten. So gemütlich wie in unserem alten Raum wurde es allerdings nicht mehr.
Nach Unstimmigkeiten mit dem neuen Geschäftsführer, der uns die über Jahre errungenen Privilegien (Freikarten, Essenmarken, Aufwandsentschädigung usw.) streichen wollte, habe ich nach 45 Jahren Pistendienst auf der Nordkette, am Ende des Winters 2008/09, gemeinsam mit einigen alten Kameraden den Dienst quittiert.
Der Pistendienst wurde dann von unserem Kameraden Bruno Berloffa mit einer jungen Mannschaft weiter organisiert. Nachdem die Nordkettenbahnen dann auch noch keine neuen Investitionen in neues Einsatzmaterial (dieses war unbedingt notwendig, um den Rettungsdienst am aktuellen Standard der Bergrettung Tirol durchführen zu können) machen wollten dauerte es nur noch 2 Wintersaisonen ehe nach dem Winter 2011/12 die Bergrettung Innsbruck den Pistenrettungsdienst auf der Nordkette endgültig beendete.
Somit endete eine wunderschöne Zeit mit vielen, teils anstrengenden und aufregenden Einsätzen auf den Pisten und im alpinen Gelände, vom langen Sattel bis zum Gleirschkar, nach 54 Jahren.
Foissner Jörg